Europäische Gemeinschaft (EG): Aufbau & Ziele einer supranationalen Institution
Die Geschichte der Europäischen Union ist nicht nur Erfolgsgeschichte. Sie ist auch eine Geschichte von Verträgen und Fusionen. So ist beispielsweise aus drei Europäischen Gemeinschaften eine Europäische Gemeinschaft geworden. Bei der ist es aber nicht geblieben, sondern sie hat sich in der Europäischen Union, wie wir sie heute kennen, aufgelöst.
Europäische Gemeinschaften
Im Sprachgebrauch werden sie manchmal synonym verwendet – die Begriffe Europäische Gemeinschaft (EG) und Europäische Union (EU). Ganz abwegig ist dieser Sprachgebrauch nicht, ist die Europäische Union doch mit der Unterzeichnung der Verträge von Maastricht am 7. Februar 1992 aus der Europäischen Gemeinschaft hervorgegangen.
Im Grunde standen drei europäische Gemeinschaften an der Wiege der Europäischen Union: die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS), auch unter dem Namen „Montanunion“ bekannt, und die Europäische Atomgemeinschaft (EAG). Sie bildeten die drei Säulen der Dachorganisation „Europäische Union“.

Ein Meilenstein auf dem Weg zur Europäischen Union ist die Europäische Gemeinschaft. (©istockphoto.com_Milenius)
Mit der Gründung der Europäischen Union (EU) durch die Ratifizierung der Verträge von Maastricht im Februar 1992 ging aus der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft die Europäische Gemeinschaft hervor. Die meisten Ziele der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft wurden in den Gründungsvertrag der Europäischen Gemeinschaft übernommen bzw. erweitert.
Der Vorläufer: Der Europäische Wirtschaftsgemeinschaft
Die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft wurde am 25. März 1957 mit dem Vertrag von Rom errichtet. Die sechs Gründungsstaaten waren Frankreich, Italien, Niederlande, Belgien, Luxemburg und Deutschland. Vor dem Hintergrund der Verwerfungen des Ersten und Zweiten Weltkriegs kamen die Mitgliedstaaten überein, gemeinsame Anstrengungen zum Wohle des europäischen Kontinents und seiner Bürger zu unternehmen.Zie Dazu gehörten
- die Wahrung von Frieden und Freiheit
- eine größere Stabilität in den innerstaatlichen Beziehungen
- die Sicherung des sozialen und wirtschaftlichen Fortschritts,
- die Verbesserung der Lebens- und Beschäftigungsbestimmungen,
- die Sicherung gemeinsamer Handels-, Landwirtschafts- und Verkehrspolitik,
- ein freier Personen-, Dienstleistungs-, Kapital-, und Warenverkehr
- die Angleichung innerstaatlicher Rechtsvorschriften
- die Sicherung von innerer und äußerer finanzieller Stabilität.
Durch eine engere Integration der Mitgliedstaaten und gemeinschaftliche Ziele, so der historisch stichhaltige Gedanke, würden kriegerische Konflikte unter Einzelstaaten auf dem europäischen Kontinent in Zukunft verhindert werden. Der jungen Bundesrepublik wurde mit der Mitgliedschaft die Chance gegeben, sich wieder in den europäischen Wertekanon einzugliedern. 1973 kamen die Mitgliedstaaten Dänemark, Großbritannien und Irland, 1981 Griechenland und 1986 Portugal und Spanien dazu.
Die Geburtsstunde der Europäischen Gemeinschaft
Mit der Gründung der Europäischen Union bzw. des Inkrafttretens der Unterzeichnung des Vertrags von Maastricht am 1. November 1993 wurde aus der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft die Europäische Gemeinschaft. Die Europäische Gemeinschaft war eine supranationale Organisation, das heißt ein völkerrechtlicher Zusammenschluss mit eigener Hoheitsgewalt und eigenen Organen. Für die Mitgliedsstaaten bedeutete diese Organisationsform unter anderem, dass das europäische Gemeinschaftsrecht – anders als bei internationalen Organisationen und föderalen Systemen – den nationalen Rechtsordnungen übergeordnet war. Ziel des Vertrags von Maastricht war die Fortführung des EG-Binnen- und Agrarmarktes und die Ausdehnung auf weitere Politikfelder, eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik und die Zusammenarbeit bei Justiz und Angelegenheiten des Inneren. Der wichtigste Beschluss war allerdings die Einführung einer gemeinsamen Währung.
Einige Organe wurden im Zuge der Gründung der Europäischen Union umbenannt. So wurde in den folgenden Jahren beispielsweise der Rat der Europäischen Gemeinschaften zum Rat der Europäischen Union, die Kommission der Europäischen Gemeinschaften zur Europäischen Kommission und der Rechnungshof zum Europäischen Rechnungshof.

Von sechs Gründungsmitgliedstaaten ist die Europäische Union auf 28 Mitgliedsstaaten angewachsen. (©istockphoto.com_honglouwawa)
Die Europäische Union als Rechtsnachfolgerin
Mit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon am 1.Dezember 2009 ging die Europäische Gemeinschaft (EG) endgültig in der Europäischen Union (EU) auf. Zu diesem Zeitpunkt waren bedeutende Meilensteine wie die Integration vieler osteuropäischer Staaten, die Schaffung eines europäischen Binnenmarktes und die europäische Währungsunion bereits geschafft.
Der „Vertrag von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft“ hebt die Europäische Union als Rechtsnachfolge der Europäischen Gemeinschaft, die zu diesem Zeitpunkt 27 Mitglieder zählt, aus der Taufe. Hier schließt sich der Kreis zu den Anfängen der Europäischen Union: Während die Europäische Union in den 50er Jahren eine Dachorganisation ohne weitere Befugnisse war, wird die Europäische Union mit dem Vertrag von Lissabon zu einer Rechtspersönlichkeit mit dem Ziel, die europäische Integration wirtschaftlich und politisch weiter voranzutreiben.
Die zwei anderen Säulen der Geburtsstunde der Europäischen Union, die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl und die Europäische Atomgemeinschaft finden auf unterschiedlichen Wegen in die Europäische Union. Die Montanunion, die für die Dauer von 50 Jahren geschlossen wurde, wurde im Juli 2002 nicht verlängert. Die Regelungsmaterie geht in den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) ein. Die Europäische Atomgemeinschaft hingegen besteht heute weitgehend unverändert unter dem Namen EURATOM (mehr dazu hier). Sie besteht unabhängig von der Europäischen Union, teilt sich aber mit ihr alle Organe.